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Leipziger Volkszeitung :: 17. 01. 2001
Verbale Botschaften in digitale Zeichen gesetzt Mahnt mit seiner Installation "Bestandteil sein" zum verantwortlichen Umgang mit der Technik Wenn die Gäste heute Abend mit Wein und Häppchen in der Loggia der Dresdner Bank den Reden lauschen, ist Vorsicht geboten: Bernhard Schipper, Gewinner des von der Bank für Hochschulabsolventen ausgeschriebenen (23 Bewerbungen, Anerkennungspreis für Jan Bauer), mit 10 000 Mark dotierten und inzwischen zum achten Mal verliehenen Ars Lipsiensis-Kunstpreises, hat seine Installation unter Strom gesetzt. Das wehrt allzu neugierige Betrachter ab, gehört aber zum Konzept. Das kommt zunächst ganz harmlos daher: In einem Holzgerüst hat Schipper so fragil, wie man sonst nur Gefahrentransporte sichert, eine kleine Eisenbahnplatte aufgehängt. Darauf tuckert ein famoser HO-Modellzug durch eine Landschaft mit Bäuerinnen und Kühen. Und schon hat man das Wesentliche übersehen. Die Waggons sind alle mit einer digitalen Kennzeichnung versehen, die per Scanner oder Videokamera immer wieder lesbar ist. Und plötzlich kippt die Harmlosigkeit um: In Viehwaggons hatte man einst Menschen zu ihrer Ermordung transportiert. Absichtlich schlägt Schipper den Bogen von heutigen technischen Möglichkeiten zum Missbrauch der Technik. Man kann die Kühe einer Herde sinnvollerweise digital kennzeichnen (so erklärt sich das Modellgetier und der elektrische Weidezaun), man kann aber auch den Menschen entpersönlichen und zur gläsernen Figur machen. Wenn der Künstler seine Installation "Bestandteil sein" nennt, zielt er auf persönliche Verantwortung - denn er hat diese Methode selbst perfektioniert und inzwischen zum Patent angemeldet. Angefangen hat alles fast modisch: Schipper, der von 1995 bis 2000 an der HGB im Fachbereich Medienkunst studiert hatte, wollte für sich ein zeitgemäßes Tattoo. Keinen keltischen oder sonst wie ornamentalen Schnickschnack, sondern etwas, das mit seinem Beruf zu tun hat. So entwickelte er die Möglichkeit, eine verbale Botschaft in ein digitales Zeichen umzusetzen, das er sich dann tätowieren ließ. Seine Diplomarbeit "Ich bin das Tor - Abendmahl" griff diese Technik auf. An der Wand sah man Reihen von digitalen Zeichen, die dekodiert, für bestimmte Speisen standen. Das, wie man neudeutsch sagt, labelling, also die Bezeichnung mit einer Marke, hat Schipper im vorigen Jahr den Kunstpreis Translations eingebracht und auf der CeBIT sowohl Bewunderung als auch Angebote der Wirtschaft. Wenn man allerdings an ein "human labelling", an eine Bezeichnung der Menschen mit Erkennungsmarken denkt, läuft einem ein Schauer den Rücken herunter. Das will Schipper: Der Schauer soll sich in einen verantwortungsvollen Umgang mit Technikumsetzen. Aus dem Spiel ist bitterer Ernst geworden. Peter Guth |
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